Die Oper im Sonntagsgottesdienst???
Was hat der Gefangenen- bzw. Freiheitschor
aus Nabucco, noch dazu in der Fastenzeit,
in der Sonntagsmesse zu suchen?
Manch einer war davon bestimmt irritiert.
Das mag aber auch daran liegen, dass nur wenige
wussten, dass das Chorwerk aus dem dritten Akt
der Oper „Va pensiero, sull'ali dorate“,
auf Deutsch „Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen“,
seinen Ursprung in Psalm 137 in der Bibel hat.
Erstaunt stellten die Gläubigen schon vor Beginn des
10 Uhr Gottesdienstes in Herz-Jesu am 17. März 2019 fest,
dass sie alle hinter Bauzäunen Platz nehmen mussten,
an denen sich Hände in die Höhe reckten.
Sie erfuhren mehr über den geschichtlichen
Hintergrund des wunderbaren Chorwerks aus Nabucco
(siehe unten zu öffnendes Dokument).
Daraufhin las Pfarrer Greier Psalm 137 aus der Bibel
und der Kirchenchor unter der Leitung von Burkhard
und Brigitte Ascherl sangen in eindrucksvoller Weise
den Gefangenenchor bzw. Freiheitschor.
Pfarrer Greier ging in seiner Predigt darauf ein, dass wir
bei Gefangenen immer sofort an Gefängnissinsassen denken,
dass wir aber alle in irgendeiner Form Gefangene unserer
Gedanken, unseres Lebens sein können, dass auch von
freien Menschen Gefahr ausgehen kann und andererseits
auf der ganzen Welt viele in den Gefängnissen sitzen,
gerade weil sie für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen
oder für ihren Glauben einstehen und diesen nicht
verleugnen.
Niemals dürfen wir die Hoffnung aufgeben, dass Gott
alles zum Guten führen wird, auch wenn wir uns dabei
in viel Geduld üben müssen.
Das Volk Israel hat in seiner langen Geschichte so viel
Gutes, aber auch Schlimmes erleben dürfen und müssen,
es soll uns – gerade uns Deutschen - ein Zeichen dafür sein,
die Vergangenheit nicht zu vergessen, damit wir aus ihr lernen und
Wiederholung vermeiden können.
Im Anschluss an die Predigt hörten die beeindruckten
Gottesdienstbesucher noch einmal das Chorwerk Verdis.
Nun wurden die Zäune für den Gedanken des
„Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen“ mit
goldenen Bändern geschmückt, weiße Tauben mit
Friedenszweig im Schnabel wurden als Zeichen
für die Freiheit befestigt.
Am Ende des Gottesdienstes wurde EBERHARD GRÄF
geehrt, der nach 42 Jahren die Kirchenverwaltung verließ.
Pfarrer Greier überreichte ihm für dieses extrem lange und
beeindruckende Engagement die goldene Ehrennadel
der Diözese sowie ein Präsent.
Herr Gräf selbst erzählte kurz davon, dass er in dieser Zeit
mit vier verschiedenen Pfarrern zusammengearbeitet hat
und er betonte, dass die Gläubigen für die Geistlichen, die
wir in Bad Kissingen haben und die in der heutigen Zeit
so viel Kritik einstecken müssen für Missstände in der Kirche,
die sie selbst nicht zu verantworten haben, den Rücken
stärken sollen.
Schlussgedanken des Gottesdienstes
Sehnsucht nach der Heimat Erde,
wenn nur der Weg geebnet werde,
zurück in Gottes heil'ges Land -
Sehnsucht nach ein bisschen Würde,
ablegen die so schwere Bürde,
Gefangener in fremdem Land -
Sehnsucht nach dauerhaftem Frieden
und niemals wieder Waffen schmieden,
Freiheit für ein jedes Land -
Sehnsucht nach mehr Menschlichkeit
verspüren Völker jederzeit,
Mahnung für ein jedes Land -
Sehnsucht nach der großen Liebe
und dass, was schön ist, immer bliebe,
Illusion im Menschenland -
Sehnsucht nach dem wahren Leben,
die gab's und wird es immer geben,
gestillt nur dort im ew'gen Land -
Eva Maria Petrik