Triduum sacrum – die Heiligen Drei Tage - Nähere Informationen
Triduum sacrum – die Heiligen Drei Tage
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Benedict Dürrlauf B.A.
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Der Ursprung
Bis ins 4. Jahrhundert kennt die Kirche neben dem Sonntag nur ein Jahresfest, die Feier von Ostern. Weil man das christliche Osterfest zeitlich aber nicht mehr „mit den Juden“ am 14. Nisan begehen will, zweifellos Ausdruck eines umfassenderen Ausdrucksprozesses vom Ju- dentum, orientieren sich immer mehr Ortskirchen an der Sonntagsfeier. Das Konzil von Nizäa 325 trifft denn auch die gesamtkirchliche Regelung, Ostern am Sonntag nach dem ersten Früh- jahrsvollmond zu feiern. Der einheitliche Ostertermin ist eine bis heute nachwirkende liturgi- sche Spur der sogenannten Konstantinischen Wende.
Bedeutsamer ist aber, dass sich in dieser Zeit auch die Feiergestalt des ältesten und damals noch einzigen christlichen Jahresfestes entfaltet. Ursprünglich feierten die Christen Ostern in einem einzigen Gottesdienst. Sie versammelten sich zu einer großen Nachtwache (lat. Vigil), in der sie des Leidens und Sterbens Jesu wie seiner Auferstehung und Erhöhung gedachten. Nach dieser Nachtwache dehnt sich nun im Laufe des 4. Jahrhunderts zu einer „Österlichen Dreita- gefeier“ (lat. Triduum paschale) und zu einer Heiligen Woche (Karwoche) aus. Die entschei- denden Impulse dazu kommen aus Jerusalem. Immer mehr Christen pilgern inzwischen in die Heilige Stadt, um die Heiligen Stätten und Orte aufzusuchen, an denen der Sohn Gottes als Mensch hatte leben wollen und wo er starb und auferstand.
Ende des 4. Jahrhunderts pilgert auch Egeria, eine vornehme Frau aus Aquitanien, nach Paläs- tina. In ihrem Reisebericht schildert sie ausführlich die Osterfeier in Jerusalem, angefangen von einer vorbereitenden Fastenzeit, über die liturgisch ausgeformte Karwoche bis zur fünfzigtägi- gen Festzeit mit dem Himmelfahrts- und Geistsendungsgedächtnis an Pfingsten. Besonders be- eindruckt ist Egeria davon, dass die liturgischen Feiern immer genau zur richtigen Zeit am rich- tigen Ort die jeweiligen Einzelereignisse von Passion und Auferstehung Christi in ihrem bib- lisch geschilderten Ablauf nachvollziehen. So feiert man in einer Prozession vom Ölberg am Sonntag vor Ostern den Einzug Jesu in Jerusalem, in der Nacht zum Freitag vor Ostern versam- melt man sich im Garten Getsemani und gedenkt des Leidens Jesu, am Tag selbst verehrt die Gemeinde auf Golgota die Reliquie des Heiligen Kreuzes und in der Osternacht wird am Hei- ligen Grab vor allem der Auferstehung Jesu gedacht. Die Aufgliederung der einen Osterfeier in einzelne Feiern über mehrere Tage, vermutlich im Zuge der Weihe der Grabeskirche in Jerusa- lem 335 entstanden, orientiert sich damit an den verschiedenen, von den Evangelien berichteten Geschehnissen, die in der späteren Entwicklung historisierend als Einzelereignisse verstanden und liturgisch gefeiert werden. Jedenfalls sollte sich das Vorbild der Jerusalemer Osterfeier bald im Osten wie im Westen verbreiten. Insofern liegen in der Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten des Christentums die Wurzeln für die jährliche Begehung von einzelnen Christusfesten, aus denen schließlich das Kirchenjahr erwächst.1
- Aus: Bärsch, Jürgen, Kleine Geschichte des Christlichen Gottesdienstes, 36 ff.
Die Feier des Triduums und seine innere Einheit
Die Feier des Pascha-Mysteriums erstreckt sich über drei Tage, vom Abend des Gründonners- tags bis zum Ostersonntag. Das sogenannte Triduum (= Dreitag) entfaltet in einer einzigen gro- ßen Feier Tod und Auferstehung Jesu Christi, die Mitte unseres Glaubens. Die zentralen Sätze des Glaubensbekenntnisses lassen sich den einzelnen Tagen zuordnen:
- Karfreitag: „Ich glaube ... an Jesus Christus ..., gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben“
- Karsamstag: „Ich glaube ... an Jesus Christus ..., hinabgestiegen in das Reich des Todes“
- Ostersonntag: „Ich glaube ... an Jesus Christus ..., am dritten Tage auferstanden von den Toten“
Auch die Liturgie der Feiern verdeutlicht deren Einheit, denn im Abendmahlsamt des Grün- donnerstags fehlen die gewohnten Schlussriten, am Karfreitag die gewohnten Eröffnungs- und Schlussriten und in der Osternacht schließlich die gewohnten Eröffnungsriten.
So sind Abendmahlsmesse, Karfreitagsliturgie und die Feier der Osternacht drei Teile einer einzigen Feier und nicht etwa drei eigenständige Feiern.
Die Einheit der Feier ist am deutlichsten sichtbar, wenn mit demselben Zelebranten in derselben Kirche das ganze Pascha-Mysterium gefeiert wird. Neben den Hauptfeiern können in anderen Kirchen ergänzende Gottesdienste stattfinden, aber zeitlich so abgestimmt, dass die zentrale Liturgie der drei österlichen Tage nicht tangiert wird. Ergänzende Gottesdienste sind zum Bei- spiel: Horen der Stundenliturgie, insbesondere die Trauermetten am Karfreitag und Karsams- tag, Ölberg-Stunden am späten Abend des Gründonnerstags, Kreuzweg, Passionsandacht am Morgen des Karfreitags, Rosenkranzgebet, etc..
Auf keinen Fall darf aber der Eindruck geweckt werden, dass diese Gottesdienste einen gleichwertigen Ersatz für die Hauptfeiern des Triduums darstellen!
Die Besonderheiten der Triduums-Liturgie in der heutigen Form
An den drei österlichen Tagen wird die Feier von Tod und Auferstehung (das Pascha-Myste- rium) als Höhepunkt des Kirchenjahres liturgisch entfaltet. Beginn der Feier ist am Gründon- nerstagabend die Messe vom Letzten Abendmahl, die die einzige Messe an diesem Tag ist. Am Karfreitag wird die Feier vom Leiden und Sterben Christi (Karfreitagsliturgie) begangen. Mit der Osternacht findet das Triduum sacrum seinen Höhepunkt in der Feier der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus
Messe vom Letzten Abendmahl
Am Gründonnerstag beginnen "Die Drei Österlichen Tage vom Leiden, vom Tod und von der Auferstehung des Herrn" mit den Abendmahlsmessen. Auffällig ist, wie der Gottesdienst fei- erlich beginnt, um dann still und schlicht zu enden. Priester und Ministranten ziehen in der Festfarbe Weiß ein, zum Lobgesang Gloria spielt laut die Orgel, die Kirchenglocken läuten und die Messdiener klingeln mit Schellen. Danach kippt die Stimmung: Die Orgel verstummt bis zur Auferstehung Jesu und die Ministranten benutzen nur noch Klappern aus Holz.
Ins Zentrum rückt dann die Eucharistie: In den Lesungen geht es um das Paschamahl im Alten Testament und das Letzte Abendmahl Jesu. Das Evangelium behandelt die Fußwaschung, die Jesus damals an seinen Jüngern vorgenommen hat. Und nach der Predigt wird diese in vielen Gemeinden begangen – in Bischofs- und Abteikirchen ist sie sogar Pflicht. Damit symbolisiert der Geistliche den Dienstcharakter seines Amtes. Nach den Fürbitten folgt kein Glaubensbe- kenntnis.
Die Besonderheit des Abends wird bei der Wandlung deutlich, wenn – zum einzigen Mal im Kirchenjahr – die Worte verändert werden. Dann heißt es je nach Hochgebet "Denn in der Nacht, da er verraten wurde - das ist heute -, nahm er das Brot und sagte Dank…" oder "Denn am Abend, an dem er ausgeliefert wurde und sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf - das ist heute". Außerdem wird die Kommunion in beiderlei Gestalt, Brot und Wein, gereicht.
Danach werden die geweihten Hostien an einen anderen Ort, eine Seitenkapelle oder einen Sei- tenaltar, überführt – der Tabernakel bleibt offen und leer. Jeglicher Schmuck wird vom Altar abgedeckt, dies soll auf die Verlassenheit Jesu und die Beraubung seiner Kleider erinnern. Am Ende gibt es keinen Schlusssegen, sondern die Einladung, vor dem Allerheiligsten eine nächt- liche Anbetung zu halten, in Anlehnung an die Nachtwache am Ölberg.
Karfreitagsliturgie
Zur Todesstunde Jesu, also um 15 Uhr, versammelt sich die Gemeinde still in der Kirche. Es gibt keinen Weihrauch, die Farbe Rot der Gewänder erinnert an das Blut, das Jesus in seinem Leiden und Sterben vergossen hat. Still legen sich Priester und Ministranten nach dem Einzug auf den Boden (Prostratio), während die Gemeinde kniet.
Kern der Feier ist der Wortgottesdienst mit biblischen Lesungen über den Gottesknecht aus Jesaja, aus dem Hebräerbrief und die Passion aus dem Johannesevangelium. Das Evangelium wird meist mit drei Sprecherrollen für den Erzähler, Jesus und die anderen vorgelesen. Es zeigt nicht nur auf, was in den letzten Stunden Jesu geschah, sondern deutet auch aus, warum er sich freiwillig dem Tod ausgeliefert hat. An der Textstelle, an der Jesus seinen Geist aufgibt, kniet sich die Gemeinde zu einer kurzen Gebetsstille hin.
Nach der Predigt folgen die sogenannten Großen Fürbitten, die sich in ihrer Ausgestaltung stark von den gewöhnlichen Fürbitten unterscheiden. Zehn Mal wird das Anliegen genannt, dann wird mit einem "Beuget die Knie" zu kurzem Gebet eingeladen.
Seit dem Jahr 400 gibt es bis heute das Element der Kreuzverehrung: Der Gemeinde wird zum Ruf "Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt" ein hoch erhobenes Kreuz gezeigt. Wenn es mit einem Tuch verhüllt ist, wird es in drei Schritten in den Altarraum getra- gen und dabei enthüllt. Dann ziehen die Mitfeiernden in einer Prozession zum Kreuz und ver- ehren es.
Es folgt der Kommunionempfang* (von der aufbewahrten Kommunion des Gründonnerstags) und die Karfreitagsliturgie endet schließlich mit einem Segensgebet ohne Kreuzzeichen.
* Der Kommunionempfang ist nach Messbuch vorgesehen, wird aber aus einer differenzierten theologischen Sichtweise heraus häufig weggelassen. Begründungsmöglichkeiten sind auf der einen Seite, sich an diesem Tag innerlich mit dem sterbenden Christus besonders zu vereinigen, oder auf der anderen Seite auf den Auferstandenen Herrn an Ostern zu warten. Beide Mög- lichkeiten sind akzeptiert und hängen vom jeweiligen theologischen Standpunkt ab.
Osternacht
Die Osternachtsfeier ist das Zentrum des "Triduum paschale", die "Mutter aller Vigilien" und wie die Christmette die "Nacht der Nächte". Die Kirche erwartet in ihr zunächst die Auferste- hung und feiert sie dann. Deshalb sollte der Gottesdienst im Zeitraum nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang beginnen. Die Liturgie besteht aus den vier Elementen Lichtfeier, Wortgottesdienst, Taufe und Eucharistie.
Die Lichtfeier beginnt vor der Kirche im Freien. Dort segnet der Priester zunächst das Oster- feuer und entzündet daran die Osterkerze. In einer Prozession wird die Kerze in das dunkle Gotteshaus – unter dem dreimaligen Ruf "Lumen Christi – Deo gratias" – "Christus, das Licht – Dank sei Gott" getragen. Das Licht der Osterkerze wird an die Ministranten und an alle Mit- feiernden weitergegeben.
Die elektrische Beleuchtung der Kirche wird noch lange Zeit aus bleiben, denn es folgt zunächst das gesungene Osterlob, das sogenannte Exsultet. Auch der nun folgende Teil der Lesungen wird nur von Kerzenlicht begleitet. Sieben (mind. drei) Lesungen aus dem Alten Testament werden vorgetragen, darunter der Durchzug durch das Rote Meer. Unterbrochen werden die Lesungen jeweils von Gesang und Gebet. Dann folgt das feierliche Gloria: Die Orgel spielt wieder, alle Glocken läuten und das Licht wird angemacht – Christus ist auferstanden. Es folgen die Neutestamentliche Lesung (Epistel) und das Evangelium.
Nach der Lichtfeier und dem Wortgottesdienst folgt nun der Teil der Taufliturgie. Die Aller- heiligenlitanei macht deutlich, dass die feiernde Gemeinde über die irdische Versammlung hin- ausgeht. In der Wasserweihe wird durch dreimaliges Eintauchen der Osterkerze noch einmal die Theologie des ganzen Pascha-Mysteriums sichtbar: Durch die Taufe mit Wasser werden wir hineingenommen in Leben – Tod – und Auferstehung Jesu Christi. So ist die Osternacht der erste Tauftermin überhaupt. Die Gemeinde bekräftigt in der Tauferneuerung diesen Glau- ben und wird mit dem neugeweihten Wasser besprengt.
Die Eucharistiefeier schließt sich nun wie gewohnt an und endet mit dem feierlichen Schluss- segen und dem „Ite missa est Halleluja“ – „Gehet hin in Frieden – Halleluja“.
Die drei österlichen Tage – Feierhinweise
è Die drei Gottesdienste von Gründonnerstag, Karfreitag und Osternacht werden als Ein- heit verstanden. Bei der Gestaltung der drei Gottesdienste soll erkennbar sein, dass sie zusammengehören (gleicher Ort und gleiche Personen).
è Der ersatzlose Wegfall einer dieser drei Feiern würde den gesamten Duktus des Tridu- ums zerstören.
è Die große Vielfalt der Gottesdienstformen zum Osterfest können von allen Gemein- schaften und Gemeinden in allen Kirchen und auch an anderen Orten gefeiert werden. Diese feiern den jeweiligen Festinhalt in ihrer je eigenen Form, stehen mit den zentralen Gottesdiensten in einem inneren Zusammenhang (aber nicht in Konkurrenz!) und sind vor allem in den Gemeinschaften sinnvoll, wo die volle Feierform nicht möglich ist.